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Nun gab es viele Jahre blutiger kämpfe in unserer Heimat. Wenn Witte-
kind auch das übermächtige Frankenheer nicht bezwingen konnte und sogar
mehrmals geschlagen wurde (Klus), so wurden doch nach dem Abzüge
Karls alle Franken erschlagen und die Altäre und Kirchen zerstört. Dann
kam der König Karl zurück und nahm blutige Rache. Oft mußte Witte-
kind auf seinen Burgen Schutz suchen; er legte seinem Rosse die Eisen ver-
kehrt unter, um den Feind irrezuführen. Einmal rettete ihn nur die
Schnelligkeit seines Hengstes, der ihn mit letzter Kraft über ein Verhau
nach Osnabrück trug. Als Wittekind sich nach jahrelangen Kämpfen von
der Macht des Christengottes überzeugt hatte (Sage von den Karlssteinen),
ließ er sich mit seiner Gemahlin Geva taufen, der Sage nach an dem noch
vorhandenen uralten Taufsteine der katholischen Kirche zu Belm. Er lebte
von nun an friedlich in Enger, wo man noch heute sein Grab zeigt. Die
Sage erzählt es uns anders. Danach holten die Getreuen unserer Heimat
ihren toten Schlachtenherzog in silbernem Sarge nach Wersen und begruben
ihn am Roten Berge. Ein mächtiges Steinmal wurde über seinem Grabe
errichtet.
Nach der Taufe Wittekinds folgten die Sachsen dem Beispiele ihres
Führers und nahmen das Christentum an. Auf der Domsfreiheit ent-
stand die erste Kirche, aus der der heutige Dom geworden ist. Dort wohnte
auch der erste Bischof unseres Landes, der h. Wiho. Die erste Messe
(Gottesdienst) soll allerdings im Hon bei den ,,teggen Böken" (Kreuz
im Hon) gehalten worden sein. Dann entstanden andere Kirchen in Laer,
Dissen, Melle und Bramsche. Die Gemeinden waren dem Bischof unter-
stellt und gaben den zehnten Teil ihrer Ernte an die Kirche ab.
Aber noch lange Zeit gab es in unserer Heimat Leute, die vom Christen-
tum nichts wissen wollten. Trotz scharfer Verbote und harter Strafen ver-
sammelten sie sich in nächtlicher Stunde an den heidnischen Opferstätten,
um den alten Göttern zu dienen.
Noch heute erinnert manche Sage, mancher Aberglaube an jene Heiden-
zeit. Man erzählt sich von dem wilden Jäger, der in den zwölf heiligen
Nächten zwischen Weihnachten und dem Feste der Heiligen drei Könige
mit seinem Gefolge durch die Lüfte brause und den Wanderer erschrecke.
Märchen erzählen von der Frau Holle, die in der Unterwelt wohnt.
Manche Ortsnamen, auch die Wochentage, erinnern noch heute an die Götter
unserer Vorfahren.
Der Piesberg.
Wenn wir die Bramscher Straße entlang wandern, sehen wir gleich
hinter dem Hofhause den höchsten Berg unserer engeren Heimat, den
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat]]
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Extrahierte Personennamen: Karls Karl Karl Geva Wiho Holle
Extrahierte Ortsnamen: Karls Osnabrück Wersen Sachsen Dissen Melle Bramsche Piesberg
169
wiegend war die evangelische Bevölkerung in Pommern mit 98
Procent, Brandenburg mit 97, Sachsen mit 93, Ostpreußen
mit 87, Schlesien mit 51 Procent. Dagegen überwog die katho-
lische Bevölkerung in der Rheinprovinz mit 75 Procent, Posen
61 Procent, Westfalen 55 Procent. In Westpreußen, welches
nach der altern Eintheilung eine besondere Provinz mit den
Regierungsbezirken Danzig und Marienwerder bildete, hielten sich
Evangelische mit 49 Procent und Katholiken mit 46 Procent
so ziemlich das Gleichgewicht. 1000 griechische Katholiken leben
in Ostpreußen, etwa 12,000 Mennoniten in Westpreußen, 1000
derselben im R.-B. Düsseldorf.
Von den Juden wohnen die meisten in den ehemals pol-
nischen Landestheilen und zwar besonders vorwiegend in der
Provinz Posen, wo es 74,000 d. h. etwa ein Drittheil der
Gesammtsumme der Juden gibt. Nächstdem sind sie in Schlesien,
Westpreußen und am Rhein ziemlich zahlreich. Die wenigsten
Juden sind in den Provinzen Ostpreußen (9200) und Sachsen
(5300). — Wenn die Katholiken verhältnißmäßig zahlreicher auf
dem Lande (40,95 Proc. der Bevölkerung) wohnen, als in den
Städten (27,^ Proc. der Bevölkerung), so findet das Umgekehrte
in Beziehung auf die Juden statt, indem in den Städten 3,78 Proc.
der Bevölkerung Juden sind, auf dem Lande aber 0,39 Proc.
In mehren Städten der R.-B. Posen, Bromberg und Marien-
werder beträgt die jüdische Bevölkerung oft den 3. Theil, bis-
weilen die Hälfte und mehr der Gesammteinwohnerschaft.
Separatisten und Dissidenten. Eine sehr bunte Tafel
bietet die auf Grund der amtlichen Zählung von 1855 ange-
fertigte Uebersicht der Separatisten- und Dissidentengemeinden.
Die zahlreichste Secte bilden die sogenannten Altlutheraner
(31,400); ihnen zunächst an Zahl stehen die Freigemeindler
und die sogenannten Deutschkatholischen mit 16,420 Mitglie-
dern, die Baptisten mit 3333, die Hernhuther (Brüdergemein-
den) mit 3030, die Irvingianer (apostolische Gemeinden) mit
1336, die Niederländisch - Reformierten mit 914 Mitgliedern,
die nur zu Elberfeld eine Gemeinde haben; endlich die nicht
unter der Generalconcession von 1845 stehenden Lutheraner oder
Menzelianer mit 683 Mitgliedern. Bon diesen Separatisten-
Gemeinden befindet sich keine einzige in den fast ganz katholischen
R.-B. Münster, Aachen und den (ebenfalls katholischen) ehemals
hohenzollerschen Landen. Das Sectenwesen ist am weitesten ge-
diehen in Schlesien, Pommern und Brandenburg, wo mit einer
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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189
1346—1387 regierte, oder über die noch neue, erst durch die
Bemühungen des letzten Oberst-Burggrafen von Böhmen, des
verdienstvollen Grafen Chotek zu Stande gebrachte Kettenbrücke,
um zu den beiden andern Bestandtheilen Prags, zu der jenseits
gelegenen Kleinseite und zu der Anhöhe zu gelangen, welche mit
stolzen Palästen und Kirchen prangt und den Namen „Hradschin"
trägt. Es führen zwei Wege auf diese beträchtliche Anhöhe, von
denen der eine aus mehr als hundert Stufen bestehen mag,
also bloß für Fußgänger bestimmt ist, der andere in vielfach
unterbrochenen Krümmungen als Fahrweg dient, den wir ein-
schlugen. Könnte ich dir ein Bild, eine schwache Idee von dem
Eindrücke auf das Papier zaubern, der sich dessen bemächtigt,
welcher oben angekommen, an die steinerne Brustwehr sich lehnt,
und nun das entzückte Auge über die zu seinen Füßen prangende
Stadt, über mehr als hundert Türme von Kirchen und Klöstern,
über die unzähligen Zinnen stolzer Paläste, über den unentwirr-
baren Knäuel des Häuserlabyrinthes zu seinen Füßen, durch die
sich die Riesenschlange der trüben Moldau windet, über den mit
einer reichen Vegetation bedeckten Laurenziusberg zur Rechten,
um den eine mit zahlreichen Brustwehren versehene Riesenmauer
sich hinzieht, und die auch dazu beitragen kann, der Stadt den
schon erwähnten schönen, Sehnsucht erregenden Namen des deut-
schen Rom zu verschaffen, denn auch jenes nimmt einen weit
kleinern Raum ein, als seine Stadtmauern umschließen. Diese
Stimmung wird natürlich noch erhöht, wenn die Turmspitzen
und Zacken wie vergoldet im hellen Sonnenscheine prangen und
eine immer noch unglaublich hohe Zahl, da jetzt sämmtliche 23 oder
mit Münster 24 Universitäten Deutschlands weniger als 16,000 zäh-
len. Damals zählte die Universität Prag 66 Decane, welche an der
Spitze der verschiedenen „Nationen" standen, worein die Studenten-
schaft zerfiel; unter diesen Decanen waren nur 12 böhmische. Huß,
zur böhmischen Partei gehörend, schlug vor, die böhmische „Nation"
solle 2 Stimmen in Universitätsangelegenheiten haben, die übrigen
zusammen nur eine. Dieser Vorschlag insbesondere führte im Jahre
1409 den Verfall der Universität herbei durch die Auswanderung der
Deutschen, welche dann die Universität Leipzig stifteten. — Huß (spr.
Chuß) ist ein ächter tschechischer Bauernname, welcher so viel als
Gans bedeutet; auch in der dem Tschechischen nahe verwandten rus-
sischen Sprache heißt Guß Gans. Huß war in einem tschechischen
Dorfe geboren, und sein ganzer Streit mit dem Kaiser und der deut-
schen Geistlichkeit war, wie I. G. Kohl bemerkt, eben so sehr ein
nationaler, als ein religiöser.
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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226
spielen sie eben so eifrig Domino, wie die Pariser in einem
Kaffeehause. Gott sei Dank! da liegt Cöln vor uns, und die
verdoppelte marktschreierische Zudringlichkeit und sanfte Gewalt,
mit welcher das Fuhrwerks-Personal der Gasthöfe uns umringt,
gibt uns die tröstliche Ueberzeugung, daß wir, gegen entsprechende
Zahlung, in sämmtlichen Hotels willkommene Gäste sein werden.
Wir gehen nach Deutz hinüber; denn die großen Gasthöfe im
Innern der Stadt liegen größtentheils in den engsten und
schmutzigsten Gassen und selbst am Rhein haben wir nur das
einförmige jenseitige Ufer vor Augen. Don Deutz dagegen, einem
stark befestigten Städtchen mit 5000 Einw., ist die Aussicht auf
die alte Oivitas Ubiorum, dann Colonia Agrippina genannt
(gegründet um 50 n. Chr.), wundervoll schön. Vor uns der breite
und belebte rauschende Strom, und drüben am linken Ufer, um
die gewaltigen Massen des Doms sich lagernd, mit seinen zahl-
reichen Kuppeln und Türmen, halb versteckt hinter den hohen
Mauern, welche auch auf dieser Seite die starke Festung schützen,
in einem großen Halbkreise am Rhein sich hinziehend das Häu-
sermeer der „heiligen" Stadt oder des deutschen Rom. So nannte
man früher Cöln, welches noch bis zur französischen Revolution,
wo die Einwohnerzahl auf 40,000 gesunken war, an 2oo kirch-
liche Gebäude besaß. Jetzt begnügt es sich mit 29, worunter
25 katholische Pfarrkirchen, obgleich die Zahl der Einwohner sich
in den letzten 30 Jahren um 51,106 vermehrt hat, und es im
Herbst 1855 mit Deutz deren bereits 100,000 zählte, worunter
gegen 10,000 Protestanten und 1600 Juden. Ende 1856 hatte
die Stadt 104,700 Einwohner, 4230 mehr, als im vorherge-
henden Jahre, das Mehr der Geburten betrug aber nur 1060;
folglich waren 3170 Eingewanderte an der Bevölkerungszunahme
betheiligt. Nach den Confessionen zerfiel die Einwohnerschaft in
92,027 Katholische, 10,901 Evangelische, 13 Mennoniten und
1759 Juden. Zu Ende des Jahrs 1857 betrug die Seelenzahl
108,451. Diesen glänzenden Aufschwung verdankt Cöln haupt-
sächlich der erfolgreichen Entwicklung der Dampfschifffahrt, der
Eisenbahnen (der Cöln-Mindener, Bonner, der Rheinischen —
nach Aachen — und der demnächst über Siegen durch das
Nassauische nach Gießen zu erbauenden Linie, wodurch Cöln mit
Frankfurt und allen mitteldeutschen Bahnen in Verbindung tritt),
ferner der Errichtung mehrer großen industriellen Etablissements
und vor allem seiner günstigen Lage, wodurch es zu einem der
bedeutendsten deutschen Handelsplätze gewissermaßen im voraus
bestimmt ist.
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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265
Kirchliche Verhältnisse. Nach der Verfassung giebt es
in Belgien so wenig wie in den Vereinigten Staaten eine Stuats-
religion; alle Religionsparteien sind nicht nur geduldet, sondern
haben gleiche politische Rechte. Es giebt jedoch nur etwa
25 — 26,000 Protestanten und etwas über 2000 Juden; alle
übrigen Belgier bekennen sich zur katholischen Kirche, und stehen
unter dem Erzbischof von Mecheln und den Bischöfen von Lüttich,
Namur, Tournay, Gent und Brügge. Auf 950 Seelen kommt
durchschnittlich ein Weltgeistlicher; dagegen ist die Zahl der
Klostergeistlichen bedeutend und im Zunehmen begriffen; am 31.
December 1856 gab es 962 Klöster mit einer Bevölkerung von
14,853 Mönchen und Nonnen. Davon waren 150 Manns-
klöster mit 2523 Bewohnern, aber 812 Frauenklöster mit 12,330
Bewohnerinnen. In den letzten 10 Jahren (1846—56) hatte
sich die Zahl der Ordensmitglieder um 2885 vermehrt. (Vergl.
unsere Schilderung von Brügge am Ende.)
Zustand des Unterrichts. Die Klostergeistlichen werden
von den Bischöfen viel für den Volksunterricht verwendet, welcher
noch nicht auf derselben Stufe steht, wie in Deutschland; über-
haupt hat sich die geistige Bildung des Volkes nicht in gleichem
Maße mit dem Fortschreiten der Industrie entwickelt, wenn auch
die Zahl der Schulanstalten seit 1830 bedeutend zugenommen
hat. Die Zahl der Universitäten ist wohl für das kleine Land
zu groß: es giebt zwei Staats-Universitäten zu Gent und Lüttich
und zwei freie d. h. durch Privatbeiträge unterhaltene, nämlich
die liberale in Brüssel und die katholische d. h. die von der
kath. Geistlichkeit unterhaltene in Löwen; die letztere zählt mehr
Studenten, als eine der drei andern, gewöhnlich gegen 600.
Kunst. Auch in der Kunst, namentlich in der Malerei,
nimmt der junge Staat eine ehrenvolle Stelle ein, und gepflegt
durch die Akademien zu Brüssel, Antwerpen und Gent, vertreten
durch berühmte Künstler, wie Wappers, de Keyzer, Gallait, Ver-
boekhoven, Hcllemans und andere, erinnert die neue belgische
Malerschule an die ruhmreichen Zeiten von Rubens und van
Dyck. Bekanntlich beförderte schon früh der Reichthum und die
Macht der flämischen Städte und die in ihnen vorherrschenden, mit
den bildenden Künsten nahe verwandten Gewerbe (Tapetenwir-
kerei, Stickerei, Goldschmiede- und Juwelierkunst) den Aufschwung
der Malerei, wie dasselbe auch in den norditalischen Städten
der Fall war. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts erhielt die
Malerkunst in Flandern ein entschieden nationales, eigenthüm-
liches Gepräge, welches sie vorzugsweise den Brüdern Hubert
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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285
Kanzler, aus den Vorstehern der Häuser ernannt vom Kanzler
auf 4 Jahre. Er wählt sich zu Stellvertretern 4 Pro-Vicekanzler;
der Vicekanzler führt den Vorsitz in allen Versammlungen und
Behörden der Universität. Zwei prootors (vom lateinischen pro-
curator) und 4 von diesen bezeichnete pi'0 - proetors — 0 der
barbarischen Wortbildung! — üben Polizei, Gerichtsbarkeit und
manches andere wichtige Recht.
Unterricht und äußeres Leben der Studenten. Noch
fremdartiger erscheint uns die Einrichtung des Unterrichts. Er-
stens ist von einer systematischen Vollständigkeit in Besetzung der
Lehrstühle gar keine Rede, sondern, wenn ein reicher Stifter sich
für ein Fach interessiert hat, besteht eine Professur dafür, sonst
nicht; dann werden, selbst, wenn etwa Professuren dafür be-
ständen, unsere Facultätswissenschaften, mit Ausnahme einiger
Rheologie, weder gelehrt, noch studiert, sondern nur Philologie
(classics, classical education wird außerordentlich geschätzt),
Mathematik und etwas scholastische Philosophie. Drittens findet
thatsächlich fast gar kein Unterricht von Seite der Professoren
statt; denn öffentliche Vorlesungen, wie in Deutschland, bestehen
auch in den Fächern nicht, für welche Professoren angestellt sind:
entweder lesen die Professoren gar nicht, ja sie wohnen bisweilen
nicht einmal am Sitze der Universität, oder wenn sie je Vor-
träge halten, so sind es wenige im ganzen Jahr und vor ein
paar Zuhörern. Man könnte ein Dutzend Orforder Professoren
zusammensuchen, welche im ganzen Jahre nicht so viele Vorle-
sungen halten, als ein Bonner oder Heidelberger Professor in
einer Woche, oder sogar an einem Tage. Aller Unterricht, wel-
cher überhaupt gegeben wird, findet in jedem einzelnen College
und nur für die im Hause wohnenden Studenten statt durch
ein oder zwei Mitglieder der Stiftung, die sogenannten Tutors
(Hauslehrer), und zwar ganz nach Art der niedern Schulen, ka-
techetisch, mittelst schriftlicher Aufgaben, Auswendiglernens u. s. w.
Es werden ja auch nach unfern Begriffen in Oxford und Cam-
bridge, wie auch in Dublin, mit Ausnahme der Theologie keine
Universitäts-, sondern nur Gymnasialstudien getrieben. Die Fach-
wissenschaft fängt ein junger Engländer erst an zu studieren,
wenn er die Universität, meist nach vierjährigem Besuch, verlassen
hat, theils durch Privatlectüre, theils durch Anweisung eines
Praktikers, also der Mediciner in den Londoner Spitälern, der
Rechtsgelehrte bei einem Advocaten. In London gibt es haupt-
sächlich 4 Advocaten-Collegien (Irm8 of Court): Inner Teraple,
Middle Temple, Lincoln’s inn und Gray’s inn; in diesen „ju-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Oxford Dublin London
7
sein Leichentuch zu legen. Dann bestieg er mit mehreren Geistlichen und
Dienern ein Rheinscw und fuhr nach Friesland. Schon hatte er viele
getauft, und er erwartete sie eines Morgens zur Einsegnung; da er-
scheint statt ihrer eine Schar heidnischer Friesen, um den Feind
ihres Glaubens zu erschlagen. Seine Diener wollen zu den Waffen
greisen; er aber ruft ihnen zu: „Vergeltet nicht Böses mit Bösem!
Schon lange habe ich mich nach diesem Tage gesehnt. Seid stark in dem
Herrn, er wird unsere Seele retten!" Einer nach dem andern treten sie
ans dem Zelt, zuletzt Bonifatius; betend, das Evangelienbuch in der
Hand haltend, empfängt er den Todesstreich (754). Sein Leichnam wurde
später nach seinen: Wunsche in Fulda beigesetzt. Dort hat man dem
„Apostel der Deutsche::" ein Denkmal errichtet.
4. Klöster. Bonifatius und andere Missionare haben die ersten
Klöster in Deutschland angelegt. Der Vorsteher eines Mönchsklosters
hieß Abt, d. i. Vater, die Vorsteherin eines Nonnenklosters Äbtissin.
Unter einander nannten die Mönche sich Brüder, die Nonnen Schwestern.
Mönche und Nonnen mußten die drei Gelübde des Gehorsams, der
Keuschheit und der Armut ablegen. Das Kloster war mit einer hohen
Mauer umgeben, am Thore wohnte der Bruder Pförtner. Innerhalb
der Mauer erhob sich die Kirche; daneben lagen um einen vierseitigen
Platz die Wohnungen der Mönche. An der Innenseite des Wohngebäudes
führte rund um den freien Platz ein Säulen- oder Kreuzgang zum
Wandeln für die Mönche. Hieran schlossen sich die Schule, ein Kranken-
haus, eine Herberge für Gäste, und in weiterem Umkreise läge:: die
Wirtschaftsgebäude und Wohnungen für Knechte und Arbeiter. Denn
ein Kloster trieb nicht nur Ackerbau, sondern hatte auch seine Mühle,
Bäckerei und Brauerei, sowie seine eigenen Handwerker. Die Mönche
beaufsichtigten den Ackerbau, zogen in den Klostergärten edles Obst,
Gemüse und Heilkräuter und gaben dadurch den umwohnenden Land-
lenten ein gutes Vorbild. Andere besorgten den Gottesdienst, pflegten
die Kranken, schrieben Bücher ab oder trugen die wichtigsten Ereignisse
in ihre Kloster-Chronik ein; noch andere unterrichteten in den Kloster-
schulen. Diese wurden anfänglich nur von denen besucht, welche wieder
Mönche oder Nonnen werden wollten; später besuchten auch andere vor-
nehme Knaben und Mädchen solche Schulen. Die Klöster sind daher
für Deutschland von großem Segen geworden. Die drei bedeutendsten
Klöster Deutschlands waren St. Gallen, Fulda und Korvey.
5. Karl der Große; 800.
1. Krieg mit den Sachsen. Zwischen den Sachsen und Franken
war es an den Grenzen schon oft zu Streitigkeiten gekommen; der
Gegensatz zwischen de:: beiden Stämmen wurde noch größer, als die
Franken Christen wurden, die Sachsen aber Heiden blieben. Alle Franken
standen schon längst unter einem Könige; in: Jahre 768 wurde Karl
König der Franken, der sich die hohe Aufgabe stellte, alle germanischen
Stämme zu einem christlichen Reiche zu vereinigen. Er begann mit der
Unterwerfung und Bekehrung der Sachsen. Da diese kein gemeinsames
Oberhaupt hatten, gelang es Karl leicht, einzelne Gaue zu unterwerfen;
er zerstörte ihr Heiligtum, die Jrmensäule, hielt wiederholt Reichstage
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
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TM Hauptwörter (200): [T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Karl Karl
König Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Rheinscw Friesland Fulda Deutschland Deutschland Deutschlands Fulda Sachsen Sachsen Sachsen Sachsen
25
Katharinenkirche im gotischen (Spitzbogen-)Stil erbaut sind. Karl der
Große hatte neben dem Dom eine Gelehrtenschule eingerichtet, eine
andere höhere Schule entstand neben der Johanniskirche, neben der
Marienkirche und neben der Katharinenkirche aber je eine „Düdesche,"
Kirchspiel- oder Kinderschule.
19. Kirchen und Klöster.
1. Kirchen. Die Sprengel der ältesten Kirchen unsers Bistums
waren sehr groß; zwischen Osnabrück und Melle sowie zwischen Osna-
brück und Bramsche lag keine Kirche. Bei Zunahme der Bevölkerung
und des Wohlstandes errichtete man in einigen Nebenorten Kapellen,
ans denen allmählich Kirchen mit einem besonderen Pfarrer wurden.
Der Pfarrer der Mnttergemeinde behielt aber ein gewisses Anfsichtsrecht
über die Tochterkirche. Jährlich dreimal hielt er dort mit dem Pfarrer
den Send, d. i. ein kirchliches Gericht, auf welchem die Sünden der
Gemeinde gerügt und Händel geschlichtet wurden.
Ursprünglich wohnten der Bischof und die übrigen Domgeistlichen,
gemeinsam in eine m Hanse; seitdem aber um 1100 das Haus samt dem
Dome abgebrannt war, wohnte sowohl der Bischof als auch jeder Domherr
in einem besonderen Hause. Die Domherren erhielten zur Erhöhung
ihrer Besoldung die Einnahmen der bedeutendsten Kirchen des Landes,
die sie — ebenso wie das Pfarramt des Domes — durch gering be-
soldete Priester verwalten ließen. Die Domherrenstellen wurden bald
sehr einträglich, so daß sich adlige und selbst fürstliche Personen dazu
drängten, die zwar ehelos lebten, aber häufig nicht Geistliche und in
weltlichen Händeln imb im Ritterspiel erfahrener waren als in geist-
lichen Dingen. Das Domkapitel hatte nicht nur großen Einfluß ans
die Verwaltung der Kirche, sondern auch ans die Landesverwaltung und
besaß das Recht, den Bischof zu wählen.
2. Klöster. Wie die Zahl der Kirchen, so wuchs auch die der
Klöster unsers Landes, besonders im 12. und 13. Jahrhundert. Die
Nonnen des Klosters Herzbrock wurden nach dem neu erbauten Kloster
Gertrudenberg bei Osnabrück verpflanzt. Die Edelherren von Osede
gründeten ans ihrem Stammgute ein Nonnenkloster, ebenso die Grafen
von Tecklenburg ein Nonnenkloster in Essen bei Quakenbrück, das später
nach Malgarten verlegt wurde. Zwei Brüder von Harst stifteten eben-
falls ein Nonnenkloster in Haste, verlegten es aber bald nach Nulle;
auch in Bersenbrück und Leeden traten Klöster ins Leben. Das von den
Grafen von Oldenburg gestiftete Kloster in Menslage wurde nach
wenigen Jahren nach Börstel verlegt. In Wietmarschen wurde ein Be-
nediktiner-Nonnenkloster gegründet. Als die Klöster durch Verbesserung
des Ackerbaus, noch mehr aber durch Geschenke reich wurden und Mönche
und Nonnen ihre strenge Ordensregel verließen, entstanden die Bettel-
vrden, die ans jeden irdischen Besitz verzichteten. Das in Holte ge-
gründete Augustinerkloster wurde nach Osnabrück verlegt; in derselben Stadt
errichteten noch zwei andere Bettelorden ein Kloster: die Barfüßer und
die Dominikaner. In Frenswegen bei Nordhorn richteten die Augustiner
ein Kloster ein; der Graf von Bentheim begünstigte sie und gründete
ein zweites Augustinerkloster in Schüttorf. Durch ihre strenge Ent-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T57: [Weser Stadt Hannover Harz Osnabrück Leine Kreis Aller Land Elbe], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
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Diener der Kirche standen aber nicht unter der weltlichen Obrigkeit;
selbst der Laie kannte sich dadurch dem Arm des weltlichen Gerichts
entziehen, daß er auf die „Freiheit" flüchtete, wo er Jahr und Tag
unverfolgt verweilen durfte. Die Strasgewalt der Kirche aber, beson-
ders des Papstes bezog sich auch auf Laien; er beleyte nicht nur ein-
zelne Personen mit dem Bann, sondern ganze Gemeinden und Länder
mit dem Interdikt, das dort jede kirchliche Handlung untersagte.
2. Huß. Die römische Kirche lehrte: die Heiligen haben mehr-
gute Werke gethan, als Gottes Gesetz von ihnen verlangt, und,.Christus
mehr, als zur Erlösung der Menschen erforderlich ist; diesen Überschuß
kann die Kirche den Sündern zuwenden und sie gegen Bezahlung von
der Kirchenbuße befreien. Solche Befreiung nannte man Ablaß. Die
Heiligen, besonders die Mutter Maria, wurden in Notfällen angerufen,
Reliquien, wie Knochen und Kleider der Heiligen, wurden verehrt. An
vielen Orten, auch in Nulle, zeigte man blutende Hostien und wunder-
kräftige Brunnen, zu denen das Volk selbst aus weiter Ferne wallte.
Hiergegen erhob Johann Hnß seine Stimme. Er war Professor an
der Universität und Prediger in Prag. Der Papst lud ihn zur Ver-
antwortung nach Nom; weil er nicht erschien, that er ihn in den Bann.
Als um diese Zeit in Konstanz am Bodensee eine große Kirchenver-
sammlung zusammentrat, um kirchliche Mißstünde abzustellen, wurde
auch Hnß dorthin vorgeladen. Kaiser Sigismund versprach ihm durch
einen Geleitsbrief, daß er ungefährdet heimkehren solle; als er aber
nach Konstanz kam, ward er gefangen gesetzt und, weil er seine Lehre
nicht widerrufen wollte, öffentlich verbrannt.
24. Kurfürst Friedrich I. von Kohenzollern; 1415.
1. Die Hohenzolleru. Die Nachkommen Albrechts des Bären hatten
die Mark bis an die Oder ausgedehnt; aber nach ihrem Aussterben er-
lebte sie eine traurige Zeit. Die meisten Markgrafen waren untüchtig,
oder sie lebten nicht im Lande; daher konnten die Raubritter dort un-
gestört ihr Handwerk treiben. Um 1400 erbte König Sigismund die
Mark. Ihn jammerte der elende Zustand des Landes; da er als König
von Deutschland und Ungarn um Brandenburg sich wenig kümmern
konnte, ernannte er den Burggrafen Friedrich von Nürnberg zum Statt-
halter in der Mark. Friedrich war aus dem edlen Geschlechte der Hvhen-
zollern, dessen Stammschloß in Schwaben liegt; er ragte durch Klugheit
und Tapferkeit über alle Fürsten empor, so daß Sigismund ihn
später auch zum Führer des Reichsheeres und zu seinem Stellvertreter
ernannte.
2. Bestrafung der Raubritter. Als Friedrich in die Mark kam,
verweigerten ihm die Herren von Quitzow und viele andere Ritter des
Havellandes den Gehorsam. Sic nannten ihn spöttisch Nürnberger Tand
und prahlten : „Wenn es ein ganzes Jahr Burggrafen regnete, so sollten
sie doch in der Mark nicht aufkommen." Aber Friedrich fürchtete sich
nicht; denn seiii Wahlspruch war: „Wer auf Gott vertraut, den verläßt
er nicht." Er schloß mit dem Herzog von Sachsen und dem Erzbischof
von Mngiñbnrg, die ebenfalls von den brandenbnrgischen Raubrittern zu
leiden hatten, einen Bilnd; dann griffen sie gleichzeitig vier Burgen an.
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Extrahierte Personennamen: Gottes Maria Maria Johann_Hnß Johann Sigismund Friedrich_I._von_Kohenzollern Friedrich_I. Albrechts Friedrich_von_Nürnberg Friedrich Friedrich Friedrich Sigismund Friedrich Friedrich Quitzow Friedrich Friedrich
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Luther erzählt: „Mein Vater stäupte mich einmal so, daß ich ihn floh
und ihm gram ward, und meine Mutter stäupte mich einmal um einer
geringen Nuß willen, daß das Blnt floß. Aber sie meinten es doch
herzlich gut." Schon früh wurde Martin in die Schule geschickt; bei
schlechtem Wetter trug ihn sein Vater auf den Armen dorthin. Auch
hier herrschte eine harte Zucht, wurde doch der kleine Luther an einem
Vormittag 15 mal „gestrichen." Da Martin fleißig war und leicht
lernte, sandten ihn die Eltern aus die lateinischen Schulen in Magde-
burg und Eisenach. Dort mußte er, wie viele seiner Mitschüler, sein
Vrot vor den Thüren wohlhabender Leute ersingen. Als er in Eisenach
einst schon vor zwei Thüren vergeblich gesungen, kam er vor das Haus
des Kaufmanns Cotta, dessen Ehefrau Ursula ihn schon in der Kirche
wegen seiner schönen Stimme und seines andächtigen Gebetes lieb ge-
wonnen hatte. Sie ries ihn herein und nahm ihn an ihren Tisch. Nun
brauchte Luther nicht mehr um Brot zu singen. 18 Jahre alt zog er
aus die Universität Erfurt, um nach dem Wunsche seines Vaters ein
Rechtsgelehrter zu werden. Auch dort studierte er sehr fleißig und be-
gann jeden Morgen seine Arbeit mit Gebet; denn sein Wahlspruch war:
^Fleißig gebetet ist über die Hälfte studiert." Auf der Bibliothek sah
er zum erstenmal eine ganze Bibel in lateinischer Sprache; sic lag an
einer Kette. Voller Freude und Erstaunen über den reichen Inhalt
derselben bat er Gott, er möge auch ihm dereinst ein solches Buch be-
scheren.
2. Im Kloster. Seitdem wuchs sein Verlangen, das Wort Gottes
zu studieren und ein Geistlicher 511 werden. Eine heftige Krankheit
brachte ihn an den Rand des Grabes, sein bester Freund wurde ihm
durch einen plötzlichen Tod entrissen, ihn selber überfiel im Freien ein
heftiges Gewitter, so daß er in seiner Angst gelobte, ein Mönch zu
werden. Obgleich er schon Lehrer an der Universität war, trat er doch
in das Augustinerklvster zu Erfurt, verrichtete dort die niedrigsten Ar-
beiten und ging selbst mit dem Sack von Thür zu Thür, um für das
Kloster zu betteln. Vergebens bemühte er sich, durch Fasten, Beten und
Kasteien Ruhe für die Seele zu ftnben. Ein alter Mönch tröstete ihn,
indem er ihn an das Wort erinnerte: ich glaube an eine Vergebung
der Sünde, und der Ordensvorsteher sprach zu ihm: „Solche Anfechtung
schickt Gott euch nicht vergebens, er wird euch noch zu großen Dingen
brauchen." Er empfahl den ernsten und gelehrten Mönch dem Kurfürsten
Friedrich dem Weisen von Sachsen, der Luther als Professor an die
neuerrichtete Universität Wittenberg berief. Dort wohnte Luther wieder
im Kloster, lehrte an der Universität und predigte in der Klosterkirche,
später auch in einer Stadtkirche. Als er für seinen Orden eine Reise
nach Rom machte, sah er dort das weltliche, oft unsittliche Leben der
Geistlichen; er besuchte alle heiligen Stätten und sah die vielen Re-
liquien, aber immer glaubte er das Wort zu hören: „Der Gerechte tvird
seines Glaubens leben!"
29. Kllhers Kumpf gegen -en Ablaß; 1517.
1. Die 95 Sähe. Um diese Zeit schrieb der Papst einen all-
gemeinen Ablaß aus; den Ertrag desselben wollte er zum Bau der
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Extrahierte Personennamen: Martin Martin Ursula Friedrich Friedrich Kumpf
Extrahierte Ortsnamen: Magde- Eisenach Eisenach Gottes Erfurt Sachsen Klosterkirche Rom